Willkommen auf der Autorenseite von Gerd Schmidinger

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Tu felix Austria

 

deine Felsen von gleißender Schwere

deine Wälder – duftend und drohend

deine Hochebenen und Täler

gequetscht vom ewigen Eis

und dann wieder frei und blühend

 

Heimat von Edelweiß und Enzian

lange vor Menschen und Unmenschen

lange, unendlich lange

frei und grenzenlos

grenzenlos und frei

 

durchstreift von genügsamen Menschen

voller Bilder und Tiere und Geschichten

grenzenlos und frei

andere mögen Kriege führen

Du nicht, grenzenlos und frei

 

viele Menschen kamen

viele Menschen gingen

viele Menschen liebten einander

auf Fels und Eis

zwischen Latschenkiefern und Enzian

 

einige blieben, von weit her kamen sie

aus warmen, südöstlichen Gefilden

sie säten und ernteten

und ihre braune Haut glänzte in der Sonne

und die Felder gediehen prächtig

 

Irgendwann ging es schnell

Dörfer, Städte, Besitz und Gewalt

und die Frauen am Herd

die Männer mit dem Stock in der Hand

Kriege mögen die anderen führen

 

Aber wir führen sie trotzdem

Viele kommen, viele gehen, viele bleiben liegen

dennoch gibt es immer Liebe

und Vermischung und romantische Träume

du, glückliches Österreich, heirate!

 

Du glückliches Österreich, heirate

nicht die erst beste, die, die am meisten mitbringt

in die Ehe, in die territoriale Ehe

zum Ruhm und zur Ehre Habsburgs -

und später der Deutschen

 

Du – modernes Österreich, heirate

nur zwischen deinesgleichen

damit das Blut rein bleibt und deutsch

und die Haut bleich wie eine Krankheit

aus Angst vor dem Fremden

 

Du – Österreich der Grenzen,

der genau abgezählten Quadratmeter,

andere mögen Kriege führen,

Hauptsache, wir verdienen dabei

und keiner kommt auf die Idee, bei uns Zuflucht zu suchen.

 

Denn Österreich ist klein -

winzig geworden und eng

voller Zorn und Gier und Eigennutz

andere mögen Kriege führen

wir schauen auf unser schönes Land

 

Voller Glück und voller Angst

oh du glückliches Österreich

Insel der Seligen

alles würden wir tun, um dich

in unseren absterbenden Händen zu zerquetschen

 

wir führen nur Kriege gegen die Menschlichkeit

und gegen die Liebe

wir sind die Grenzbewacher, die Landraffer,

wir laufen in die Berge davon,

weil wir uns selbst nicht aushalten

 

und kommen zurück

mit einem Lächeln auf dem Gesicht

denn die Berge sind schön

sie warten nur -

auf einen Menschen

 

 

 

 

Gerd Schmidinger, Januar 2025